Greiz: Denkmalgerechter Umbau der Kultur- und Begegnungsstätte "10aRium"
Im thüringischen Vogtland gelegen, bildet das "10aRium" in Greiz einen zentralen Treffpunkt für Begegnungen und kulturelle Angebote. Das denkmalgeschützte Gebäude, eine ehemalige Schmiede, konnte durch die Sanierung im Rahmen des Bundesprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ barrierefrei umgebaut und einer neuen Nutzung zugeführt werden. Das Besondere dabei: Die Kulturstätte ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Innenstadt und angrenzenden Wohnvierteln und steigert die Attraktivität der Umgebung. Durch einen Nutzerkreis aus unterschiedlichen Vereinen und gesellschaftlichen Organisationen bietet das "10aRium" ein vielfältiges Angebot und steht seit der Sanierung allen Interessierten unter dem Motto „Bestehendes erhalten, Engagement fördern, Potenzial nutzen“ offen.
Genau betrachtet: Bestehendes erhalten, Engagement fördern, Potential nutzen
Die Ausgangslage: Leerstand beleben und Begegnungsräume schaffen
In der Greizer Innenstadt stehen viele Gebäude, insbesondere solche mit alter Bausubstanz, leer. Die ehemalige Kupfer- und Kesselschmiede aus der Gründerzeit war dabei lange Zeit keine Ausnahme. Im Jahr 2010 machte sich der the.aRter Greiz e. V. daran, das Gebäude für kreative Projekte zu nutzen. Aufgrund des baulichen Zustandes waren öffentliche Veranstaltungen jedoch nicht möglich. Brandschutz, Energieeffizienz, Barrierefreiheit: Das Gebäude entsprach in vielerlei Hinsicht nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben. Auch die Substanz und die Außenfassade waren stark sanierungsbedürftig. Es entstand die Idee, im Zuge der notwendigen Sanierung einen neuen sozialen Treffpunkt zu schaffen. Ein Umbau unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Anforderungen hin zu einem barrierefreien Ort für Kreative und Kulturliebhabende sollte die Attraktivität des Stadtviertels fördern. Gelegen zwischen Innenstadt und Wohnvierteln mit sozialen Herausforderungen soll das sogenannte „10aRium“ nun integrativ wirken und eine bisher fehlende Aufenthaltsmöglichkeit im Viertel anbieten, verkehrsgünstig gelegen an der Bundesstraße B94 und gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Aufnahmen des Projekts vor und während der Sanierung.
Die einzelnen Maßnahmen im Überblick
Schon auf den ersten Blick lässt sich erkennen, dass die Gebäudehülle umfassend modernisiert wurde. Dies schloss die Sanierung der Straßenfassade und die Erneuerung der Dächer ein. Insbesondere bei diesem Maßnahmenpaket, das von Putz- und Steinmetz- über Klempner- und Malerarbeiten bis Dämmung und Abdichtung reichte, galt es, die Vorgaben des Denkmalschutzes für Materialien und Farben zu beachten.
Im Zuge der Sanierung wurde das Gebäude entkernt. Die Grundstruktur des Gebäudes blieb erhalten, die Räumlichkeiten konnten dadurch an die Nutzungsbedürfnisse der ansässigen Institutionen und Nutzungszwecke angepasst werden. Dank dieses Vorgehens ließen sich die Rettungswege neu arrangieren, die Einrichtung moderner Sanitäranlagen umsetzen und einzelne Nutzungseinheiten voneinander abgrenzen. Gleichzeitig wurde dadurch eine Verbesserung des Brandschutzes erzielt.
Einen wichtigen Punkt im Sanierungsprozess bildete die Modernisierung der haustechnischen Anlagen. Wurde das Vorderhaus früher durch die Kohleöfen der Schmiede beheizt, gibt es nun eine Zentralheizung mit Brennwerttherme. Die Infrastruktur für Gas, Wasser, Elektrotechnik sowie Stark- und Schwachstromnetze wurde erneuert, um u.a. eine Senkung der Betriebskosten zu erreichen. Bei allen Maßnahmen lag der Fokus im Sinne der Klimaziele des Bundes auf der Einsparung von Treibhausgasen und einer ressourcenschonenden Umsetzung.
Sowohl die Obergeschosse im Vorderhaus als auch das Erdgeschoss im Hinterhaus wurden mit neuen Sanitäranlagen ausgestattet. Dies geschah bedarfsgerecht, so dass im Veranstaltungsbereich des Vereins the.aRter Greiz e. V. darüber hinaus Duschen und ein rollstuhlgerechtes WC Platz fanden. Bei der Sanitärinstallation handelt es sich um eine Kaltwasserversorgung mit dezentraler Warmwasserbereitung, welche nun wirtschaftliche, energieeffiziente und hygienische Standards erfüllt.
Bemessen auf eine Raumkapazität von 120 Personen für den Veranstaltungsraum, der sich im Erdgeschoss des Hinterhauses befindet, erfolgte der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Dies war unter anderem aufgrund der Ergebnisse aus einem Schallschutzgutachten notwendig, um zukünftig auch bei geschlossenen Fenstern einen Spielbetrieb bzw. die Raumnutzung zu ermöglichen.
Im Zuge des Vergleichs mehrerer Umsetzungsvarianten für die barrierefreie Erschließung musste auf den Einbau einer schachtgebundenen Aufzugsanlage aus verschiedenen räumlichen wie erschließungstechnischen Gründen verzichtet werden. Um die Erreichbarkeit der vier genutzten Ebenen im Vorderhaus zu gewährleisten, fiel die Entscheidung schlussendlich auf den Anbau eines Plattformtreppenlifts an die bestehende Treppenanlage. Zudem wurde eine rollstuhlgerechte Rampenanlage für den Veranstaltungsbereich im Erdgeschoss des Hinterhauses errichtet.
Das Ergebnis: Eine neue Nutzung der alten Schmiede
Die Innenstadt beleben, Brücken schlagen und attraktive Freizeitangebote entwickeln – diese drei Punkte bildeten die Kernüberlegungen hinter dem Umbau der alten Schmiede in Greiz. Was einst ein handwerklicher Betrieb war, ist heute ein Begegnungsort für zahlreiche gesellschaftliche Gruppen, Vereine und Akteure. Das "10aRium" ist Veranstaltungssaal, Bibliothek, Werkstatt und Kleinkunstbühne zugleich und bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, angepasst an die gesellschaftlichen Bedürfnisse – von Schülerinnen und Schülern über (junge) Erwachsene bis hin zu Seniorinnen und Senioren. Von Jung bis Alt kann hier musiziert, getanzt oder geprobt werden. Schon vor der Eröffnung 2019 waren bereits 83 Prozent der Mietverträge für die Nutzungsräume unterschrieben. Die Mieterinnen und Mieter zahlen dabei nur eine kleine symbolische Miete. Das "10aRium" genießt inzwischen überregionale Strahlkraft und gilt als Pilotprojekt für die Stärkung der Stadt Greiz als attraktiver Wohnort.
Die nachfolgende Bildergalerie zeigt Eindrücke des frisch sanierten "10aRium"
Erfahrungswerte aus dem Projektverlauf
- Wertvolle Kooperationen: Ein besonderer Umstand ergab sich aus dem Spagat zwischen der Sanierung im Einklang mit dem Denkmalschutz und der barrierefreien Gestaltung des Gebäudes. Um diesen zu meistern, wurden Abstimmungen gemeinsam mit der Unteren Denkmalbehörde getroffen und der Behindertenverband Greiz e. V. in die Planungen miteinbezogen.
- Von der Gesellschaft für die Gesellschaft: Das Zusammenwirken diverser privater Initiativen und kommunaler Stellen brachte ein Projekt mit Herz hervor, das aus der Mitte der Gesellschaft heraus entstand und so unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht wird.
- Lebendige Vielfalt: Verschiedene gemeinnützige, soziale und kulturelle Vereine und Initiativen bieten vor Ort unterschiedlichste Angebote an. So treffen sich dort beispielsweise eine Sportgruppe der Krebsnachsorge, Tanzgruppen und ein Debattierclub. Es gibt Vorträge, Kulturveranstaltungen, Theateraufführungen und Konzerte.
Besonders nachahmenswert:
Um die Akzeptanz des Projekts im Viertel zu steigern und anfänglicher Skepsis entgegenzuwirken, wurde der Baustart mit einem Straßenfest gefeiert. Hierzu waren Anwohnende und Vereine eingeladen.
- Raum für besondere Herzensprojekte: Insbesondere die "reparier.baR" als Baustein zur Nachhaltigkeit, aber auch das Etablieren von Gründerschreibtischen und einer Yogawerkstatt sind hier erfolgreich umgesetzt worden.
- Langfristiger Mehrwert für alle: Die Sanierung trug dazu bei, dass die langfristige Nutzung des Gebäudes für eine erweiterte Zielgruppe ermöglicht wurde. Dem demographischen Wandel und der Ausgrenzung bestimmter sozialer Gruppen wurde hier entgegengewirkt.
- Nachhaltige Integration: Viele Bewohnerinnen und Bewohner der angrenzenden Stadtviertel mit sozialen Herausforderungen werden hier in einen strukturierten Alltag eingebunden und zählen zu regelmäßigen Gästen insbesondere von After Work Angeboten und kostenfreien Formaten.
- Ansprechende Verknüpfung: Öffentliche Nutzflächen, wie ein Garten und Begegnungsflächen, steigern die Attraktivität und bestärken die Brückenfunktion des "10aRium" zwischen historischer Altstadt und anliegenden Wohnvierteln.